Buchbesprechungen

Richard H. Wilkinson: Symbol & Magic in Egyptian Art. London, 1994. Thames & Hudson Ltd.

ISBN 0-500-28070-3

Daß ägyptische Kunst auf kaum einer Ebene mit moderner Kunst vergleichbar ist, ist ja zwischenzeitlich eine schon recht alte Weisheit. Altägyptische Kunst muß nicht gesehen, sie funktioniert auch ohne Betrachter. Dafür ist sie Träger von rituellen Informationen, die sich über die Symbolik ausdrücken und über die Magie wirken. Es ist ganz erstaunlich festzustellen, wie wenig man von dieser Symbolik eines Kunstwerkes mitbekommt, wenn man es einfach mal so betrachtet. Die Magie, die rituelle Wirksamkeit dieser Symbolik erschließt sich für jeden einzelnen Gegenstand nur durch intensiveres Studium. Wilkinsons Buch kann Abhilfe verschaffen. Es befaßt sich von den kleinsten Gegenständen (Amuletten) bis hin zur Architektur mit der Symbolik, und man kommt ganz schön ins Staunen wenn man feststellt, was man bisher alles übersehen hat! Die Detailfülle schon eines einzelnen Symbols kann mitunter enorm sein. Ich denke, daß der durchschnittliche Kunstbetrachter mehr als die Hälfte übersieht (besonders wenn er auf der Suche nach ästhetischen Momenten ist, wie es die moderne Kunst lehrt).

Wilkinson unterteilt seine Besprechung in den Symbolismus der Form, Symbolismus der Größenverhältnisse, Symbolismus der Anbringung und Örtlichkeit, Symbolismus des Materials, Symbolismus der Farben, der Zahlen, der Sprache und der Hieroglyphen, der Taten, Bewegungen und Gesten. Was da alles zur Sprache kommt, ist teilweise wirklich erstaunlich und interessant in höchstem Maße. Ich halte dieses Buch für fundamental und kenne - obwohl ich viele Standardwerke zur altägyptischen Kunst besitze - kein Äquivalent dazu. Ich kann noch nicht einmal beurteilen, ob es nun gut oder schlecht gemacht ist, es ist einfach nur übermäßig wichtig, was Wilkinson seinem Leser zu sagen hat. Im übrigen habe ich ohnehin den Eindruck, daß diese Seite der altägyptischen Kunst zu wenig Beachtung findet - sei es auch, weil man es als selbstverständlich ansieht. Einmal mehr kann ich überhaupt nicht verstehen, daß so ein Buch keine deutsche Übersetzung erfahren hat.

Symbol & Magic hat 224 Seiten, 160 Illsutartionen, davon 10 in Farbe, eine wirklich tolle Aufmachung, ein Glossar, eine wirklich gute Bibliographie und einen gut funktionierenden Index. Die noch erhältliche Paperback-Ausgabe kostet lediglich 52,-DM und kann damit als wirklich günstig angesehen werden. Dieses Buch hat eigentlich einen "Partner", nämlich "Reading Egyptian Art - A Hieroglyphic Guide to Ancient Egyptian Painting and Sculpture", das kaum weniger empfehlenswert ist. Es ist ebenso gut verständlich geschrieben, ist aber keine notwendige Anschaffung, wenn man Symbol & Magic möchte.

Richard Wilkinson ist Leiter der Ägyptenexpedition der University of Arizona, hat als Spezial- und Grabungsgebiet das Tal der Könige, worüber er das Buch Valley of the Sun Kings herausgegeben hat. Desweiteren ist er Autor von The Complete Valley of the Kings (dtsch. Das Tal der Könige) zusammen mit Nicholas Reeves.

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