Buchbesprechungen

Erik Hornung: Das esoterische Ägypten. Das geheime Wissen der Ägypter und sein Einfluß auf das Abendland. München, 1999. C.H. Beck.

ISBN 3-406-45360-0

Dieses Büchlein ist das erste seiner Art aus den Reihen der Ägyptologie - es befaßt sich mit all den esoterischen Dingen Ägyptens, die in der Wissenschaft bisher nicht angesprochen wurden. Soviel ist sofort klar: Hornung ist dafür die Idealbesetzung! Auch in früheren Werken ist der Autor immer wieder kurz auf das Bild Ägyptens in späterer Zeit eingegangen.

Das esoterische Ägypten ist chronologisch aufgebaut und beginnt im alten Ägypten selbst. So zieht sich der esoterische Faden von Amenophis Sohn des Hapu und Thot, dem Gott der Weisheit, bis zur gegenwärtig in den USA schwellenden Afrozentrik. Dabei geht es nicht, wie Hornung ausdrücklich betont, um die Widerlegung esoterischer Ansichten, weil sich "Glauben" eben leider nicht wissenschaftlich widerlegen läßt, sondern um die Verfolgung der Strömungen esoterischer Erscheinungen. Nur kurz blitzt eine kleine Anmerkung auf, die eine Idee mit einem Satz ins Reich der Fabeln verbannt. Derartige Einlagen sind mitunter ganz witzig, und das ganze Buch hat zweifellos viele humoristische Elemente. Gelegentlich hätte man sich allerdings gewünscht, daß auf den einen oder anderen Punkt trotzdem argumentativ eingegangen wird. Man hat dann das Gefühl, der eine oder andere Unsinn wäre einmal mehr mit dem blauen Auge davongekommen.

Neben den esoterischen Spuren durch die Jahrtausende bietet das Buch natürlich viele Informationen, die man für gewöhnlich einzeln zusammensammeln müßte, wie z.B. über die antiken Reisenden, die Dekane, die Alchemie, die Gnosis und natürlich die Hermetik, über die Zauberei, die Isismysterien und die Mystik des Mittelalters, über die Neuplatoniker bis zu Giordano Bruno, über die Rosenkreuzer und Freimaurer, die Reisenden des Mittelalters und deren erste Schritte in Richtung Wissenschaft, über Goethe und die Romantik, über die Theosophen und die berühmten Kornspeicher bis hin zu den Phänomenen der modernen "Ägyptosophie". Das ist viel Material und Hornung versteht es die wesentlichen Punkte gekonnt zusammenzufassen. Wie bei Hornung üblich finden sich statt einfachen Anmerkungen zur Literatur am Ende des Bandes auch kurze Anmerkungen zu den einzelnen Arbeiten, die sich schon in der Vergangenheit als sehr hilfreich erwiesen haben. Wie Hornung das reichhaltige Material beherrscht, das eigentlich nicht Gegenstand des Ägyptologen ist, erstaunt nicht wenig. Von Sir Arthur Conan Doyle und seinem Krimi mit altägyptischen Inhalten bis zu Philipp Vandenbergs Pharaonenfluch-Eskapade, der sich ja wirklich jeder Empfehlung entzieht (wie Hornung dann auch klar macht).

Eine Stelle, die eigentlich in meine Beschreibung grenzwissenschaftlicher Problematik gehört, soll hier kurz zitiert werden, weil sie treffender nicht sein könnte - auch für PS:
"Die Ägyptosophie dünkt sich oftmals weit erhaben über jegliche Wissenschaft, die ja blind sei für die eigentliche Weisheit; dabei läßt sich immer wieder das erstaunliche Phänomen beobachten, daß man in diesem Umkreis streng "wissenschaftlich" beweisen möchte, daß die Wissenschaft unrecht hat."

Gebunden mit 232 Seiten, 31 Abbildungen im Text kostet das Büchlein 48,- DM, was zwischenzeitlich normal sein dürfte. Der Informationsgehalt rechtfertigt den Preis allemal.

Prof. Erik Hornung ist Ordinarius für Ägyptologie and der Universität Basel, Mitherausgeber der ältesten ägyptolgischen Fachzeitschrift (ZÄS, seit 1863) und Autor zahlloser Bücher und Aufsätze mit dem Schwerpunkt im Neuen Reich.

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