Der Sphinx von Giza III

Die Argumente

Die erste Stellungnahme zu Schochs These erschien bald (1994) in KMT, aber nicht von einem Ägyptologen, sondern aus Schochs eigenen Reihen (Jordan, p. 153-156)! Der Professor für Geologie an der University of Toledo, Ohio, James A. Harrell, konterte Schoch in allen Fragen, was sehr interessant ist - haben doch West, Hancock und Bauval sich viel Mühe damit gemacht, Geologen gegen Ägyptologen auszuspielen, ja - so der einhellige Tenor - die Geologen würden geschlossen hinter Schoch stehen. Es ist ganz einfach nicht war!
Harrell erklärte Schoch, daß die Profile am Sphinx genauso durch periodische Anfeuchtungen des Kalksteins herrühren können, nicht in Form von ablaufenden Regenwasser, sondern durch gesättigten Sand! Dieses Phänomen ist bekannt: um 2300 v.Chr., als es in Ägypten häufige Regenfälle gab (oder allein durch Kondenswasser!), könnte sich die Feuchtigkeit unter den Sand und bis hin zum gewachsenen Felsen selbst durchgesetzte haben, und das während die Oberfläche trocken blieb. Genau das hätte auch durch die Nilfluten entstehen können, die noch bis zum Bau des Assuandammes bis an den Sphinx heranreichten (z.B. Abb. p. 18 bei Jordan). Kapillare können dieses Wasser bis zu zwei Meter hoch in Sand und Felsen transportieren. Die Folge war eine Erosion durch Salzexfoliation (s.u.)

Nun spricht Harrell einen Punkt an, der meiner Ansicht nach bisher zu wenig Beachtung fand. Schochs Hinweis, daß Gräber aus dem Alten Reich, die weiter oben auf dem Plateau liegen, aber aus derselben Schicht gearbeitet worden sein sollen (sic!, vgl. u.), nicht dieselbe Verwitterung aufweisen, ist unter dem angesprochenen Gesichtspunkt recht logisch. Bis dort oben reicht weder die Nilflut, noch waren diese Gräber jemals unter Sand begraben. Und diese Sichtweise wird noch logischer, wenn wir einen Blick auf das Gizaplateau selbst werfen (s. 3. Teil). Alle starken Regenfälle - damals wie heute - aus dem ganzen Bereich der Cheops- und der Chephrenpyramide fließen aufgrund des Plateau-Gefälles zwangsläufig in den Sphinxgraben ab! Noch Monate nach solchen Regenfällen bleibt das Wasser im unteren Teil stehen, während über dem Aufweg schon kurz danach wieder trockene Verhältnisse herrschen! Diese an sich völlig logische Überlegung ist Schoch gar nicht in den Sinn gekommen.

Weiter geht Harrell auf die Gräber der 1. Dynastie in Sakkara ein, die laut Schoch besser erhalten wären und damit jünger als der Sphinx sein müßte. Harrell weißt darauf hin, daß diese Gräber sehr wohl stark beschädigt sind, und das obwohl sie weit entfernt vom Nil liegen. Darüberhinaus glaube ich die Beobachtung anführen zu können, daß zumindest heutzutage ein klimatischer Unterschied zwischen Giza und Sakkara besteht. Ich konnte mehrmals beobachten, daß es in Giza sehr heftig geregnet hat, während in Sakkara lediglich Wolken im Norden beobachtet werden konnten. Giza liegt doch vielleicht ein entscheidendes Stück näher zum Delta hin. Und nicht zuletzt: Diese Gräber sind aus Nilschlammziegeln errichtet, die von sich aus keine Salzexfoliation hervorrufen können. Damit ist der ganze Vergleich völlig sinnlos!

Schoch nahm die Gelegenheit war auf Harrells Konter zu reagieren (KMT, Sommer 1994). Er meinte, daß es nicht bewiesen werden könne, daß der Sphinx für längere Zeit im Sand begraben lag, und schon gar nicht, daß dieser feucht war und daß Kondenswasser den Sand so befeuchten könne, daß die Feuchtigkeit den gewachsenen Felsen erreichen könne, um Erosionen der angeführten Art herovorufen zu können. Jordan (p. 154) weißt auf den erheiternden Umstand hin, daß genau das das Ergebnis von Dr. Gauri war, nämlich daß der Sphinx ständig von Sand bedeckt war, lange bevor die ganze Debatte überhaupt entbrannt ist! Dazu gesellt sich ein weiterer recht witziger Umstand, der nicht einmal Jordan aufgefallen zu sein scheint. Ausgerechnet West hatte in seinem Buch viel Zeit darauf verwendet, um zu zeigen, daß der Sphinx für sehr sehr lange Zeit im Sand vergraben lag! Nur hatte West damit ganz anderes im Sinn, denn damit sollte gezeigt werden, daß der Sand den Sphinx sogar geschützt hätte und die Erosionen genau damit viel älter sein müssen, also aus einer Zeit, als der Sphinx - praktisch ausnahmsweise - einmal ohne Sand den Elementen ausgesetzt war, oder als es dort noch gar keine Wüste - und damit keinen Sand - gab (West, pp.190-197). West zeigt auch überzeugend, daß der Sphinx Jahrtausende unter dem Sand gelegen haben muß (seit Caviglia im Jahr 1816 ist es beweisbar) - eine Argumentation, die Schoch aus der Feder seines Kampfgefährten recht ungelegen gekommen sein muß. Aber der Beweis der totalen Lage unter Sand ist schon der Tempel Amenophis II. vor dem Sphinx, der auf hohem Sand gebaut wurde. Seitdem hören wir immer nur dann vom Sphinx, wenn er wiedereinmal ausgegraben wurde!

Plan Sphinxkomplex

Der Sphinx-Komplex.
Links der Taltempel mit dem Aufweg, der links am Sphinx vorbei zur Pyramide von Chephren führt, in der Mitte der Sphinxtempel, darüber der Sphinx, rechts aus der Achse gedreht der Tempel Amenophis II., der genau auf den Kopf des Sphinx aus ausgerichtet ist.

In der Herbstausgabe 1994 der Zeitschrift KMT meldet sich dann wieder Harrell zu Wort, der Schoch nocheinmal auf die so ganz andere Situation der Gräber im oberen Bereich von Giza hinweist. Nicht das Profil ist die Ausnahme, von dem Harrell im übrigen sagt, daß es auch anderswo in Giza zu finden ist (auch Gauri, passim!), sondern die Qualität des verwendeten Steins. Und damit sind wir beim Punkt schlechthin, der das "Rätsel" des Sphinx klar und deutlich erklärt! Mir als geologisch gänzlich unvorgebildeten Menschen ist absolut nicht verständlich zu machen, warum Schoch die Qualität des Steins nicht einmal in seine Betrachtungen einbezogen hat. Gerade in Giza schwankt diese beträchtlich. Im 3. Teil dieser Besprechung habe ich gezeigt, daß die erodierten Schichten am Sphinx exakt jene sind, die aus schlechten Kalk/Mergel-Wechselfolgen bestehen. Daß diese sogar schon bei geringsten Einflüssen weit schneller vor sich hin erodieren, dürfte jedem Laien einleuchten. Daß Harrell Schoch darauf erst aufmerksam machen mußte, hat wenigstens mich nicht wenig erstaunt.

Schon 1929 hat Hermann Junker, sicher der verdienteste Ausgräber in Giza, eine ausführliche Beschreibung der in Giza verwendeten Steine vorgelegt. Darin geht er eben gerade auf die unterschiedliche Qualität ein und konsequenterweise auf die unterschiedlichen Stufen der Verwitterung (Junker, S. 88-90). Natürlich haben diese nichts mit dem Alter zu tun - die Qualität des Steins entscheidet über die Anfälligkeit zur Verwitterung! Ich will kurz zwei Stellen bei Junker zitieren, die die ganze Problematik mehr als deutlich aufzeigen (Junker, S. 14):

Das Material, aus dem die Würfel gewonnen wurden (einer Mastaba), ist mittelmäßig und unterscheidet sich deutlich von dem feinen, festen Kalkstein, der für Verkleidungssteine, für Platten, Stelen, Särge und zur Auskleidung der Sargkammern sowie zu Verschlußsteinen verwendet wurde. Die Farbe war ursprünglich, wie bei dem besseren Stein, weiß, ist aber unter dem Einfluß der Witterung nachgedunkelt in Gelb oder Weiß-Gelb, oder auch, wie besonders auch auf dem Nordwestfriedhof in ein Grau-Weiß. Die Verwitterung ist an den freiliegenden Stellen zum Teil sehr stark und macht leider nach der Freilegung der Analgen weitere Fortschritte; sie äußert sich nicht nur wie bei dem guten Material in einer Zerfressung der Oberschicht, sondern im Mürbewerden und Zerbröseln ganzer Würfel.
Das Material der grobwürfeligen Mastabas ist viel gröber, aber zeigt sich unvergleichlich widerstandfähiger. Es ist ein stark mit Muscheln verschiedenster Art durchsetzter Stein.

Was hier mit dem schlechten Kalkstein geschieht, wenn er den Elementen ausgesetzt wird, nämlich das Zerbröseln, wird kaum etwas anderes sein können, wie das Abbrechen eines großen Steinbrockens aus der Schulter des Sphinx im Jahre 1988 - nach heftigen Regenfällen (Stadelmann, S. 275). Es ist exakt der Vorgang, der bei einer Salzexfoliation abläuft (s.u.).
Doch weiter mit Junker, der jetzt eine andere Mastaba bespricht (S. 162):

Das Material ist weißlich-gelber Kalkstein, nicht so widerstandfähig wie der grauweiße. Bei der Freilegung zeigten die Blöcke noch eine feste glatte Außenfläche, doch hat diese seit der Zeit stark gelitten und es ist erstaunlich, welche Veränderung die Luft und Sonne, Temperaturwechsel und vor allem der Regen hervorgerufen haben; die Blöcke, die durch Jahrtausende sich unter der Sandschicht unversehrt gehalten hatten, beginnen in wenigen Jahren mürbe zu werden; man vergleiche Phot. 288 = Taf. VI b aus dem Jahre 1913 mit XXV,a aus 1925.

Und jetzt stelle man sich vor, daß die qualitativ schlechten Schichten aus dem Sphinx den Elementen seit der 4. Dynastie ausgesetzt sind, und man erinnere sich daran, wie bald schon die ersten Restaurierungen am Sphinx notwendig waren. Müßte man sich daher nicht viel eher wundern, daß die Erosion nicht noch weiter fortgeschritten ist, statt den Sphinx zurückzudatieren?!?! Und ist jetzt nicht auch ganz klar, daß das entscheidende unter den Argumenten die Feuchtigkeit ist, die für die schon erwähnte Salzexfoliation notwendig ist? Aber verschieben wir dieses Thema noch einen Moment.

Nach einer weiteren Antwort Schochs, die eigentlich nur eine Wiederholung war und hier nicht aufgerollt werden muß, setzte ein anderer KMT-Korrespondent, G.B. Johnson, auf Harrells These des feuchten Sands auf, die damit zur Gewißheit wurde (KMT, Herbst 1994). Er präsentierte Fotos von zwei Keramikschüsseln aus Abu Roasch. Eine lag umgedreht auf dem Sand, die andere fand man aufgerichtet und mit Sand gefüllt. Letztere war stark erodiert, während die erste sich an ihrem ursprünglichen Zustand erfreuen konnte. Damit war der von Schoch geforderte Beweise für diese Art von Erosion in aller Eindeutigkeit erbracht.

In derselben Ausgabe meldete sich dann auch Mark Lehner zu Wort, sicher einer der besten Kenner des Sphinx. Er konterte Schoch auf die Behauptung, die Verkleidung aus Rosengranit im Taltempel des Chephren sei auf schon erodierten Stein aufgesetzt, was ein höheres Alter des Kernmauerwerks zur Folge hätte. Lehner stellt klar, daß das Kernmauerwerk niemals fertiges Mauerwerk war. Oft genug - man betrachte die Chephrenpyramide! - muß die Verkleidung die Unebenheiten des oft lose zusammengesetzten Kerns ausgleichen. Das ist altägyptische Standardprozedur und daher als Argument völlig unbrauchbar. Das ist vielleicht auch das große Problem von Schoch: er kennt die primäre Literatur nicht (vgl. z.B. o. Junker)! So schreibt auch Herbert Ricke, der den Sphinxtempel vollständig ausgegraben und untersucht hat, zu der Technik (Ricke, S. 6f.):

Um aus den so gewonnenen Quadern eine Wandverkleidung mit glatter Außenfläche herzustellen, hat man für das Versetzen jedes einzelnen Granitblocks vom Kernmauerwerk so viel weggemeißelt, wie es die jeweilige Dicke und Größe erforderte. Der Nummulitenkalkstein ist eben viel leichter zu bearbeiten als Granit, außerdem kam dadurch eine gute Verzahnung zwischen Kernmauerwerk und Verkleidung zustande, manche Granitblöcke griffen ziemlich tief in das Kernmauerwerk ein.

Lehner führt als Beweismaterial auch zwei Fotos an, einmal vom Taltempel aus dem Jahre 1909 und einmal von 1990. In dieser Zeit sind die Kernblöcke ohne Granitverkleidung erheblich erodiert - also gerade einmal 80 Jahre. Dagegen hat sich gezeigt, daß Kalksteinblöcke, deren Granitverkleidung intakt war, sich über die ganzen 4700 Jahre perfekt erhalten haben! Damit ist im übrigen auch der Beweis erbracht, daß der Taltempel nicht älter sein kann, denn die Granitverkleidung trägt Hieroglyphen Chephrens!

Lehner zeigte noch einen nicht unerheblichen Widerspruch in Schochs Argumentation auf, nach der der hintere Teil des Sphinx erst in der 4. Dynastie gebrochen worden sein soll. Gleichzeitig hat Schoch nämlich die darin befindlichen Ablaufrillen als "Beweis" für länger anhaltende Regenfälle vor der geschichtlichen Zeit sehen wollen. Wie nun?

Eine weitere wichtige Entdeckung dazu, die ganz simpel einen Beweis der härtesten Art führt, haben Hawass und Lehner schon 1978 gemacht (Hawass & Lehner, pp. 35-37). Es ist bekannt, daß der Sphinx Komplex niemals fertig gestellt wurde, was am Sphinxtempel selbst am besten zu sehen ist. Beim Ausschneiden der Tempelterasse unterhalb des Levels des Sphinx hinterließen die Erbauer einen hohen senkrechten Vorsprung. Nach Westen hin bildet dieser Vorsprung die Nordseite des Sphinxgrabens, aber die Arbeiten wurden in dieser Richtung nicht fertig gestellt, sie endeten gerade gegenüber der linken Vorderpfote des Sphinx. Von hier bis zur Rückseite des Grabens erstreckt sich ein Felsbett von abnehmender Breite. Hinter dem Sphinx wurden die Arbeiten nirgendwo beendet, so daß ein gewaltiges Massiv von hartem Schicht I-Gestein hinterblieb. Bei der Reinigung des Vorsprungs fanden Hawass & Lehner rechtwinklige Hügel, Vertiefungen und Kanäle, wie man sie häufig auf dem Gizaplateau und auch sonst antrifft, speziell bei unvollendeten Arbeiten, was Rückschlüsse auf die verwendeten Methoden zuläßt - und das sind rein altägyptische Methoden (vgl. zuletzt Lehner, pp. 145ff.)! In den Vertiefungen, die ebenfalls vorsichtig gesäubert wurden, fand sich kompakter Sand und Gips. In diesem wiederum fanden sich Bruchstücke von Keramik aus der 4. Dynastie, wie sie klassischerweise für Bier und Wasser begraucht wurden, daneben fanden sich aber ebenso noch Hammersteine mit Kupferspuren an der Spitze, wie man es nach dem Bearbeiten von Kupfermeiseln kennt. Diese Werkzeuge wurden hier zurückgelassen nachdem die Arbeiten - warum auch immer - plötzlich abgebrochen wurden, und es sind alles leicht in die 4. Dynastie zu datierende Gegenstände! Einen besseren Beweis wird man nicht mehr erwarten dürfen!

Sphinxtempel-Anlage

Der Sphinx-Komplex aus Richtung der Cheopspyramide.
Links der Tempel Amenophis' II., in der Bildmitte der Sphinxtempel, rechts - hinter dem Kopf des Sphinx - der Taltempel.

Trotzdem ist noch ein weiterer und sogar besserer anzuführen (Hawass & Lehner, p. 37). In der Nordwestecke des Sphinxgrabens fanden Hawass und Lehner einen Hügel mit Abraum, der von früheren Ausgräbern zurückgelassen wurde. Dieser Hügel trägt eine Ecke des schon genannten Tempels von Amenophis II., der 1200 Jahre nach Cheops regierte. Eine Ecke dieses Tempels reicht über die Nordwestecke des Sphinxtempels hinaus. An der Basis dieses Hügels fand man drei gewaltige Blöcke, die für das Kernmauerwerk bestimmt waren, dort aber nie mehr ankamen. Unter (!) einem dieser Blöcke, die hier seit dem Ende der Arbeiten liegen gelassen wurde, kamen zahlreiche Bruchstücke von Keramik der 4. Dynastie zu Tage. Ein weiterer unschlagbarer Beweis dafür, daß dieser Graben - und damit auch der Sphinx - in der 4. Dynastie geschaffen wurden! Darüberhinaus weisen auch noch die beiden anderen beiden Blöcke klar in die 4. Dynastie - Glück genug, es hätte auch so sein können, daß sich nichts aus diesem Fund ergibt. Sie lagen auf einer Schicht aus Ton, tafla genannt, mit dem man üblicherweise die Unterlage geschmiert hat, um die Blöcke zu bewegen. Direkt unterhalb dieser Tonschicht fand man Einschnitte in den Felsen, die man ebenfalls auch sonst als Hebelsockel gebraucht hat, um die Blöcke an ihren Enden zu bewegen. Damit wäre längst genug Beweis geführt...

Die letzte, praktisch abschließende Besprechung stammt wieder von Lal Gauri et.al. Gauri erklärt nochmal, wie das mit der Salzexfoliation funktioniert, was wir hier jetzt mal ansehen wollen (Gauri et.al., pp. 121ff.). Die Verteilung der Schichten haben wir uns schon im 3. Teil anagesehen. Die mittlere Schicht (II), jene von schlechter Qualität, teilt sich in weitere sieben Unterschichten auf. Der untere Teil besteht jeweils aus weichem Kalkstein mit großen Mengen an wasserlöslichen Salzen (Halit und Gips), sowie aus Geröllmaterial (Tonmineralen und Quarzstaub). Dieses Salz und das Geröllmaterial (die Mergelschichten) nehmen nach oben hin ab, der Kopf des Sphinx ist dann reiner, weißer Kalkstein der harten Sorte. Durch einen komplizierten Vorgang, den man bitte bei Gauri selbst nachlesen möchte, entstanden Aushöhlungen und Kanäle im Innern des Sphinx, die mal mehr und mal weniger Grundwasser direkt in der Körper des Sphinx pumpten und dabei den Gips immer weiter nach oben transportierten, der sich dort schließlich abgelagert hat. Das Ergebnis dessen ist, daß die Poren des Steins durch die chemische Reaktion der Salzkristallisation unter Druck geraten und somit kleine Brocken vom Felsen abgesprengt werden - das kann man am Sphinx auch heute noch oft am Morgen, nach Sonnenaufgang beobachten (Gauri, pp. 124ff.). Die untere Schicht diese kleinen Krümel sind nach den Laboruntersuchungen von Gauri mit Halit und Gips beschichtet. Der Mechanismus dieser Salzexfoliation ist der, daß in der kühlen Nacht beim Erreichen des Taupunktes Wasserdampf auf der Oberfläche des Steins kondensiert. Das Wasser wird dann durch das Ansaugen der Kapillare in die Poren gezogen, wodurch sie das Salz löst, daß sowohl an der Oberfläche als auch in den Poren sitzt. Wenn die Sonne warm genug strahlt, beginnt das Wasser zu verdunsten und kleine Salzkristalle beginnen sich zu formen. Diese Kristalle generieren einen hydrostatischen Druck, der gegen die Wände der Poren wirkt, die wiederum zerbrechen, wenn der Druck die Stabilität der Porenwand übersteigt. Ein Stück bricht ab. Dieser Vorgang ist durch die chemischen Untersuchungen seit 1984 nachgewiesen. Daneben ist dieser Vorgang in der Geologie nicht neu, sondern für Wüstengebiete üblich (Geologische Primärliteratur bei Gauri angeführt). Der geringe Anteil an Wasser produziert dabei eine besonders hochkonzentrierte Lösung. Auch die extremen Temperaturschwankungen, die einer Wüste anhaften, verstärken der Vorgang. Zuletzt ist das hier vorkommende Salz, Halit, hygroskopisch und fähig Wasser bei einem höheren Feuchtigkeitslevel zu kondensieren, als andere Salze. Weiterhin ist die Größe der Poren für die Anfälligkeit zur Erosion verantwortlich. Viele kleine Poren, weniger als 1 Mikrometer, bewirken, daß das Gestein leichter erodiert, als wenige große Poren. Die Porengröße im Sphinx ist damit verantwortlich für das gerundete Profil, das Schoch als Regenwasserprofil erkannt haben will (Gauri, p. 125).

Das ist schon mehr, wesentlich mehr und besser fundiert, belegt und dargelegt, als Schochs These "Viel Erosion = Viel alt". Ich kann guten Gewissens sagen, daß der Shpinx und seine Tempel ein Werk der 4. Dynastie ist. Keines der Argumente von Dr. Schoch schlägt durch, teilweise - wie wir gesehen haben - widersprechen sie sich sogar gegenseitig. Die Ägyptologen und die anderen Geologen haben alle Beweise und Hinweise, die geologischen und die kulturellen auf ihrer Seite. Schon Schochs Verweis auf Jericho wirkt eher hilflos und mit der Funktion der Anlage, die sich ägyptologisch darlegen läßt, bleiben uns Schoch und West jede weiter Erklärung schuldig. Ich kann mir darüber kein Urteil erlauben, aber wenn Lal Gauri als Geologe schon Schwierigkeiten hat, von Schoch neu erfundene "geologische" Termini zu verstehen, dann muß ich mich nicht darüber wundern, daß Schoch die ägyptologische Primärliteratur nicht kennt (Gauri, p. 126)! Ich habe hier noch lange nicht alle Punkte besprochen (und manche nicht ausführlich genug), die für die 4. Dynastie bzw. gegen Schoch sprechen. Weitere Punkte möge man dem Buch von Paul Jordan oder dem Aufsatz von Hawass & Lehner entnehmen, den ich vielleicht später einmal hier aufbereiten werde. Das hier vorgelegte Material ist aussagekräftig genug.

Literatur

  1. Aigner, Thomas: Zur Geologie und Geoarchäologie des Pyramidenplateaus von Giza, Ägypten. in: Natur und Museum 112 (12), Frankfurt, 1982. S. 377-388.
  2. Gauri, K. Lal & John J. Sinai & Jayanta K. Bandyopadhyay: Geological Weathering and its Implications on the Age of the Sphinx. in: Geoarchaeology: An International Journal, Vol. 10, No. 2, pp. 119-133.
  3. Junker, Hermann: Gîza I. Bericht über die von der Akademie der Wissenschaften in Wien auf gemeinsame Kosten mit Dr. Wilhelm Pelizaeus unternommenen Grabungen auf dem Friedhof des Alten Reiches bei den Pyramiden von Gîza. Band I: Die Mastabas der IV. Dynastie auf dem Westfriedhof. in: DAWW 69, 1, 1929.
  4. Hawass, Zahi & Mark Lehner: The Sphinx: Who built it and why? in: Archaeology, September/October, 1994. pp. 30-41.
  5. Jordan, Paul: Riddles of the Sphinx. New York, 1998.
  6. Lehner, Mark: Giza. A Contextual Approach to the Pyramids. in: AfO 32, 1985. S. 136-158.
  7. Ricke, Herbert: Der Harmachistempel des Chephren in Giseh. BeiträgeBf 10, Wiesbaden, 1970.
  8. Stadelmann, Rainer: Die ägyptischen Pyramiden. Wiesbaden, 1991.
  9. West, John Anthony: Serpent in the Sky. The High Wisdom of Ancient Egypt. Eheatin, 1993.

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