Die Hopi-Indianer

Ein paar Gedanken zur Vorstellungswelt der
Hopi-Indianer

Sind die Kachinas außerirdische Kulturbringer?

Es gehört zu den tragenden Standbeinen der PS-Forschung, daß es in der Vergangenheit des Menschen Außerirdische gegeben habe soll, die einst vom Himmel kamen, die Menschen in irgendetwas unterrichteten, und dann wieder in den Himmel verschwanden - mit dem Versprechen, eines Tages wiederzukehren. Das Stichwort dafür ist "Wohltäter aus dem Weltenraum" (Habeck, S. 194). Ich hatte einmal dazu aufgefordert, mir einen Textbeleg für diese Behauptung zu erbringen und bekam als Antwort, solches werde von den Hopi-Indianern gesagt. Nun, "Das Buch der Hopi" besitze ich zufällig, denn es ist eines der bedeutendsten Bücher seiner Art überhaupt. Im folgenden möchte ich dieser Frage in diesem Buch der Hopi und in Blumrichs "Kasskara und die sieben Welten" nachgehen.

Bei Blumrich heißt es tatsächlich (S. 28): "Die zweite Gruppe (der Kachinas) sind die Lehrer. Von ihnen lernen wir (im Präsens!), wer und wo wir sind, woher wir kommen, welche Einflüsse auf uns wirken und was wir tun sollen (immer noch Präsens!)." Aber es kommt noch toller (S. 29): " Die Kachinas sind körperliche Wesen, und deshalb brauchen sie Flugkörper für ihre Reisen in unserer Luft und wenn sie zu ihren Planeten zurückfliegen. Bei den Hopi weiß man, daß auch einige von uns mit solchen Raumschiffen fuhren und daß sie auch in anderen Ländern benutzt wurden, weil die Atlanter mit ihnen zu uns herüberkamen."

Theoretisch ist das das Aus für jeden Kritiker! Hier steht so klar wie es nur geht, daß die PS-These eine historisch verbriefte Tatsache ist. Und es würde noch klarer, je weiter ich aus Blumrichs Buch zitieren würde, denn was da noch so alles kommt, verschlägt jedem Leser die Sprache. Doch was zitiere ich eigentlich???
Zunächst ist festzuhalten, daß es sich hierbei um keine alte Aufzeichung handelt, sondern um ein Statement eines einzelnen Hopi, der Weißer Bär heißt und nach Angabe von Blumrich an den Vorarbeiten zum Buch der Hopi beteiligt war (Blumrich, S. 10). Blumrich schreibt weiter, daß er mit ihm für die Erstellung der Tonbandaufnahmen zusammengearbeitet hat, und daß er dem Weißen Bären bei der Formulierung geholfen hat und ihm zum leichteren Verständnis Beispiele gegeben hat (Blumrich, S. 12). Ob das aus Sicht der Ethnologie tragbar ist, ist eine andere Frage, jedenfalls gibt es hier einige Sonderbarkeiten, die zur Klärung unseres gleich auftauchenden Problems beitragen "müssen"!

  1. Blumrich schreibt, daß Weißer Bär zum Zeitpunkt seines Gespräches mit ihm das wahrscheinlich größte Wissen unter den Hopi hatte (Blumrich, S. 10f.). Das muß in jedem Fall vor 1979 gewesen sein, denn dieses Datum zeichnet das Vorwort, in dem dieses steht (Blumrich, S. 13). "Das Buch der Hopi" wurde 1963 verfaßt und ist das Ergebnis dessen, was man Frank Waters innerhalb von drei Jahren, in denen er bei Oswald White Bear Fredericks ununterbrochen lebte, erzählte. Diese Erzählungen stammen von 30 (!) alten Männern und Frauen, die aktiv das Kultgeschehen bei den Hopi in Oraibi, Arizona gestalteten. Warum soll Weißer Bär, der bei Waters das Tonband bedient hat (Waters, S. 14), schon 16 Jahre später das größte Wissen unter den Hopi haben?

  2. Warum mußte Blumrich dem Weißen Bären Formulierungen und Beispiele vorgeben? Weißer Bär wurde von Waters deswegen für die Übertragungen ins Englische und die Tonbandaufnahmen eingesetzt, weil er das Haskell Institute in Lawrence und das Bacon College in Muskogee, Oklahoma absolviert hatte und gleichzeitig ein Vollblut-Hopi war (Waters, S. 14)! Beide White Bears müssen identisch sein, wenn wir nicht davon ausgehen wollen, daß beide in Oraibi leben und eine Frau namens Naomi haben.

  3. Wie - und jetzt sind wir beim Punkt - ist es möglich, daß zwischen dem Text in Blumrichs Buch und dem Text in Waters Buch eklatante inhaltliche Unterschiede bestehen? Daß eine schier unendlich lange mündliche Tradition sich irgendwann Widersprüche und künstliche Aussagen und Interpretationen verliert, liegt in der Natur der Sache und wurde schon von Waters gesondert hervorgehoben (Waters, S. 15). Daß aber das Raumschiff von Blumrich, das Páatoówa (Blumrich, S. 29), bei Waters (S. 33) noch ein "Schild aus Fell" ist (Pátuwvotas), ist eine derartig durchschlagende inhaltliche Änderung oder Hinzufügung, daß man nicht einfach daran vorbeigehen kann (auch wenn bei Waters Menschen auf dem Schild geflogen sind!) Und davon gibt es reichlich, besonders dann, wenn PS darin eine Rolle spielen soll!

In Blumrichs Buch - wer immer auch die Verantwortung für diese "Faktenanreicherung" haben mag - wird aus einer mühsam inhaltlich assoziierbaren Aussage seitens der Hopi bei Waters eine klare, wörtlich treffende Aussage. Das Raumschiff ist nur ein Beispiel. Krass auffallend ist die bestimmte Erwähnung von Atlantis (Blumrich, S. 21), die es im "Buch der Hopi" überhaupt nicht gibt - auch den Ort nicht: "Zwischen diesem Erdteil ("Land im Osten", also wahrscheinlich Europa) und uns lag eine große Wasserfläche. Heute wird der Erdteil Atlantis genannt, und ich will bei diesem Namen bleiben, weil er dir geläufiger ist."! Das sehe ich zwar gerade noch ein, doch ist das plötzliche Auftreten dieser Umstände doch übermäßig auffällig. Es ließe sich jetzt leicht spekulieren, ob die Vertrautheit Blumrichs mit dieser Örtlichkeit und dem dazugehörigen Begriff die eigentliche Ursache für dessen Erwähnung ist, aber das bliebe haltlose Spekulation. Weniger haltlose dagegen ist, daß Atlantis ein Mythos ist, der einmal in einem griechischen Werk erscheint, und von dem sicher ist, daß diese Örtlichkeit nicht dort gelegen haben kann, wo sie liegen sollte (diese Diskussion wird nur bei Bedarf folgen!). Im wissenschaftlichen Sinne ist diese Aussage also nachweislich wertlos. Müssen wir nun davon ausgehen, daß - wie Waters es schon vorsichtig ausdrückte - eines esoterische Mystik statt ein historisches Ereignis das Bild des Denkens prägt? Wenn man die Schöpfungsgeschichte der Hopi liest, und bisher war alles Teil dieses Absatzes - gewissermaßen der Pentateuch der Hopi -, dann wird man angesichts der bunten und phantasiereichen Bilder zu keinem anderen Schluß kommen können.

Nun ist es Zeit zu den Kachinas zu wechseln, die das eigentliche Thema dieser kurzen Darstellung sein sollen. Derweil sollte klar sein, daß im "Buch der Hopi" in Raumschiffen fliegende Kachinas unbekannt sind. Auch bei Waters kann man lesen (S. 121): "Jedes Jahr kamen die Kachinas, um den Menschen zu helfen, und brachten Segen von anderen Sternen, Welten und Planeten." Nur wenn man nicht weiterliest kann man schließen, daß es sich dabei um Außerirdische handelt, denn sie kommen so wie die Zyklen der Natur kommen und gehen. Ein Kachina kommt beispielsweise, um den Pflanzen beim Wachsen zu helfen (Waters, S. 175). Da gibt es z.B. die Zeremonie "Heimgehen des Kachinas" (Waters, S. 208), das ist die Wintersonnenwende! Damit wird schon klar, daß das Wesen der Kachinas recht komplex ist, und daß man ersteinmal ein paar grundlegende Fäden zusammenführen muß. Wer oder was sind die Kachinas?

Kachinas kommen, da gehen die Anschauungen unter den Hopi (nur scheinbar) auseinander, von den San-Franzisko-Bergen, und zwar aus dem Innern der Erde, oder aus Sternen und Sternbildern, einer "Gegend", die die Hopi "Geisterwelten" nennen (Waters, S. 175, 178). Besser kommen wir weiter, wenn ich kurz aus dem "Buch der Hopi" zitiere (S. 176):

Ein Kachina ist also die innere Gestalt oder der geistige Bestandteil der äußeren, physischen Lebensform; ihn kann man anrufen, daß er seine wohltätige Macht wirken lasse, damit die Menschen ihre niemals endende Reise fortsetzen können. Sie sind unsichtbare Lebenskräfte - keine Götter, eher Vermittler, Boten. Ihre Hauptaufgabe ist es daher, Regen zu bringen, eine reichliche Ernte und die Fortdauer des Lebens zu sichern."

Schon jetzt, mit dieser Stelle, ist doch ziemlich klar geworden, daß das keine Beschreibung außerirdischer Kulturbringer sein kann. Die Betonung liegt immer auf "Geist", weil china "Geist" bedeutet. Ka bedeutet "Ehrfurcht", somit sind die Kachinas Geister, vor denen man Ehrfurcht hat (Waters, S. 177). Jetzt kommt aber das Entscheidende: Kachinas sind die "Geister der Toten, Geister der Mineralien, der Pflanzen, Vögel, Tiere und menschlichen Wesen, der Wolken, anderer Planeten und Geister von Sternen, die noch nicht an unserem Himmel erschienen sind; Geister aller unsichtbaren Lebenskräfte" (Waters, S. 177). Die Kachinas sind augenscheinlich personifizierte Eigenschaftsbeschreibungen des Kosmos, der Lebenswelt der Hopi, und wenn ein Hopi stirbt, vorausgesetzt er hat die Gesetze beachtet, wird er ein Kachina, Geist eines Sterns, eines Steins oder eines Tieres (Waters, S. 176 & passim!). Und das Leben der Hopi sich nach den Gestirnen und ihrer Stellung am Himmel richtet, nehmen die Kachinas und ihre Gestirne einen wesentlichen Rang ein (Waters, S. 159): "Wir, die religiösen Führer, haben stets die Himmelsbilder vor Augen, die unsere Rituale leiten und beherrschen. Am wichtigsten ist die Sonne (hat auch einen Kachina!), und wenn die Sonne untergegangen ist, leiten wir unsere Zeremonien nach den Sternen der Nacht." Ihrem Wesen nach sind die Hopi eine kosmologische Gesellschaft (Waters, S. 133). Und nach dem bisher gesagten ist die Aussage des Satzes, daß z.B. die Kachinas Palátkwapi erbaut haben und dabei von Kachinas eingewiesen wurden, darin zu finden, daß die Vorfahren der Hopi diese geheimnisvolle Stadt des Südens errichtet haben, die darin wiederum von ihren Vorfahren und den Gestirnen eingewiesen wurden (Waters, S. 80).


Nun soll sich jeder seine eigenen Gedanken machen - ich wollte nur zeigen, daß bei Blumrich nicht die Tür aufgeht, sondern daß sich das ganze Haus gegen die Tür verschiebt, um einen Spalt freizugeben! Und ich glaube, eindeutig gezeigt zu haben, daß Kachinas keine Außerirdischen sein können, weil die Beschreibung der Hopi selbst ganz anders lautet (ein Außerirdischer wird sich schwerlich in einer Pflanze materialisieren!). Wie das trotzdem in Blumrichs Buch hineingelangt ist, kann ich nicht beurteilen. Daß Blumrich auf diese Diskrepanz zum "Buch der Hopi" nicht hingewiesen hat, ist jedenfalls sonderbar. Es ist jedoch immer recht hilfreich, genau zu nachzulesen, wie sich eine Sachlage verhält. In diesem Fall genügt nun auch das Internet. Zahllose Seiten, darunter auch offizielle, verkünden die Vorstellungswelt der Hopi über den ganzen Planeten. Ein Bemerkung über Außerirdische Kulturbringer ist dabei nicht zu finden. Ich finde es - gelinde gesagt - bedenklich, wenn man die Hopi dazu mißbraucht, um Bücher mit solchen Inhalten zu vermarkten. Die Vorstellungswelt der Hopi ist ohnehin zum Sterben verurteilt und mit solchen Thesen wird das nur noch beschleunigt. Deshalb möchte ich das Buch von Frank Waters empfehlen, das einen sehr tiefen Einblick in diese Welt vermittelt, eine archaische Welt, die für uns selbst längst verloren ist.

Literatur

  1. Blumrich, Josef: Kasskara und die sieben Welten. Die Geschichte der Menschheit in der Überlieferung der Hopi-Indianer. München, 1985.
  2. Habeck, Reinhard: Das Unerklärliche. Mysterien, Mythen, Menschheitsrätsel. Ohne Ort, ohne Jahr (1997?), ohne Verlag, und eigentlich auch ohne Namen! ISBN 3-85001-879-2.
  3. Waters, Frank: Das Buch der Hopi. Nach den Berichten der Stammesältesten aufgezeichnet von Kacha Hónaw (Weißer Bär). München, (Original, 1963), 1994.

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