Die Große Pyramide

des Königs Cheops in Giza

Der Pyramidentempel II

Blick von Süden über das Basaltpflaster des Pyramidentempels.
Unter dem Basaltpfalster sieht man an allen Stellen ein Fundament aus Kalksteinblöcken.

Der Hof des Tempels war einst vollständig mit Basalt ausgelegt, von dem heute etwa nur noch rund ein Viertel in situ liegt. Petrie ist sich sicher, daß das ganze Basaltpflaster auf einem Unterpflaster aus Kalkstein ruht [ 1 ]. Maragioglio & Rinaldi haben diese Beobachtung bestätigt und bemerken, daß unter dickeren Basaltblöcken dünnere Kalksteinblöcke liegen - und umgekehrt [ 2 ]. Die Basaltblöcke sind in loser Form gearbeitet, aber gleichzeitig perfekt verlegt. Sie wurden mit Sägen und Hämmern bearbeitet. Unebenheiten an der Unterseite der Basaltblöcke wurden nicht dort, sondern am wesentlich einfacher zu bearbeitenden Kalkstein des Unterpflasters angepaßt. Das entspricht der üblichen Methode Hartgestein nur dort zu bearbeiten, wo es unumgänglich ist [ 3 ]. Das Niveau des Felsens wurde vor der Verlegung der Pflaster auf das Niveau des Fundamentpflasters der Pyramide abgearbeitet [ 4 ].

Das Basaltpflaster wurden an allen Seiten hin von einer Pfeilerreihe, nach Westen hin von drei Pfeilerreihen eingerahmt. Die Pfleiler messen 2 x 2 Ellen, also 1,05 x 1,05 m, und bestehen durchgehend aus einem Block [ 5 ]. Eine Ausnahme bilden lediglich die Eckpfeiler, die längsrechteckig und noch massiver gefertigt wurden - sicherlich wegen der aufzunehmenden Last der Architrave. Ingsgesamt wurden 38 solcher Pfeiler aufgestellt [ 6 ]. Die Pfeiler bestanden durchgehend aus Rosengranit [ 7 ], wobei sich Reste davon noch an zwei Stellen in situ befinden. Die Basis der Pfeiler ist noch in allen 38 Fällen durch eine in den Felsen gearbeitete quadratische Fassung sichtbar.

In den gewachsenen Felsen versenkte Pfeilerbasis im Pyramidentempel.

Im Hof des Tempels konnten Reste zweier Drainagen gefunden werden [ 8 ]. Eine besteht aus einem nordsüdlich verlaufenden Graben im Felsen, der 70 bis 90 cm breit, und 45 bis 50 cm tief ist. Dieser befindet sich unterhalb des Basaltpflasters, dessen Niveau sich etwa einen Meter über dem Graben befindet, und ist nicht mit diesem verbunden. Maragioglio & Rinaldi haben beobachtet, daß die Drainage mit Kalksteinblöcken aufgefüllt ist, und daß dies nur vor der Verlegung des Pflasters geschehen sein konnte. Die zweite Drainage, die etwa 1,30 m höher liegt, wurde offensichtlich nicht aufgegeben und verläuft aus dem Hof bis in eine kleine Depression im Felsen nördlich des Pyramidentempels. Sie dürfte, wie auch in anderen Pyramidentempeln, das Regenwasser abgeleitet haben.

Geböschter Maueraufsatz aus dem Pyramidentempel.
Nach Lauer, Temple funéraire, p. 252, Fig. 21.

Nahe der nordwestlichen Ecke fand Lauer im Schutt des Tempels einen bemerkenswerten Kalkstein, der auf der einen Seite den üblichen, abgerundeten Abschluß geböschter Wände und auf der anderen Seite einen rechteckigen Abschluß aufweist [ 9 ]. Nach Lauers Ansicht befand sich dieser Stein mit dem geböschten Teil als Abschluß auf der Umfassungsmauer. Das andere Ende hätte in der Nordwand des Tempels geendet. Dieser Ansicht haben Maragioglio & Rinaldi widersprochen; sie sehen in dem Block kein Stück der Umfassungsmauer, sondern der Brüstung des Tempeldaches [ 10 ]. Stadelmann hält es für möglich, daß - wie bei Chephren - die Mauern des Tempels bereits eine Hohkehle aufwiesen [ 11 ]. Ebenso gut ist es möglich, daß der Bau den "strengen Stil" aufweist, der in der 4. Dynastie klare Formen mit erhöhter Monumentalität bevorzugt hatte [ 12 ].

Die Außenwände des Tempels bestanden aus Kalkstein. An der Nord-, Süd- und Ostmauer läßt sich noch heute eine Breite an der Basis von 3,14 m ermitteln [ 13 ]. Von der nördliche Mauer sind noch Reste des Fundaments erhalten, während die Südseite nur noch durch leichte Einschnitte verfolgt werden kann, die einstmals das Fundament aufgenommen haben. Die Kalksteinblöcke dieses Mauerwerks waren nur grob zusammengesetzt und wurden dort, wo sie sich nicht berührten, mit kleinen Steinen oder Mörtel aufgefüllt [ 14 ]. Die Stelle, an welcher der Aufweg in die Ostwand mündet, ist noch heute durch eine Schwelle aus Basalt markiert. Maragioglio & Rinaldi nehmen granitene Türpfosten, einen ebensolchen Architrav und eine Tür mit zwei Flügeln an, die sich in den Hof des Tempels geöffnet hat - Spuren davon sind allerdings keine mehr ersichtlich [ 15 ]. Petrie fand einige bearbeitete Bruchstücke aus Granit im Bereich des Tempels, die sehr wahrscheinlich von den Pfeilern stammen. Die Möglichkeit, daß sie aber wenigstens teilweise einem Dado aus Granit angehörten, besteht indes [ 16 ].

Auf dem Basaltpflaster sind keinerlei Sockelspuren nachweisbar, die auf Statuen oder Osirispfeiler des Königs schließen lassen könnten [ 17 ]. Bruchstücke solcher Statuen, aus denen sich z.B. ähnlich Chephren ein Falke im Nacken des Königs befindet, wurden allerdings in der Nähe des Tempels gefunden [ 18 ]. Obwohl die Zuordnung praktisch nicht sicher möglich ist, muß mit Statuen im Pyramidentempel in jedem Fall gerechnet werden. Dafür sprechen auch die vier Priestertitel, die Junker bei seinen Grabungen fand, und die Statuen des Cheops zum Gegenstand haben [ 19 ].

Dieses Reliefbruchstück aus dem Pyramidentempel zeigt den König
beim "Fest des Weißen Nilpferds". Nach Lauer, Notes complémentaire, Pl. Ia.

Eindeutig belegt ist hingegen die Existenz von Reliefs im Tempel. Das zeigen vor allem zwei eindrucksvolle Beispiele, die Hassan 1938 fand, die er aber fälschlicherweise dem Aufweg zuordnete, wohin sie sicher nicht gehören [ 20 ]. Beide Reliefs sind Ausschnitte eines größeren Themenkreises, sodaß die Vermutung vorgebracht wurde, daß sie sich zusammen mit einer größeren Komposition auf den Innenwänden des Hofes befanden, und daß dieser sogar rundherum mit Reliefs bedeckt war [ 21 ]. Das eine Bruchstück zeigt Cheops beim sog. "Fest des Weißen Nilpferds" [ 22 ]. Reste solcher Darstellungen, die eine alte Nilpferdgöttin im Umfeld des unterägyptischen Königtums zum Inhalt haben, wurden im Alten Reich u.a. im Sonnenheiligtum des Königs Neussere aufgefunden.

Reliefbruchstück aus Pyramidentempel mit dem Namen des Cheops.
Nach Lauer, Notes complémentaire, Pl. IIa.

Das zweite Bruchstück zeigt einen schmalen Ausschnitt des Sed-Festes, das zum üblichen Programm vor allem auch der Pyramidentempel gehört [ 23 ]. In einer Kolumne ist der Name der Cheopspyramide zu finden, in einer anderen thront er im Heb-Sedmantel [ 24 ]. Der Name des Cheops ist in einer anderen Kartusche noch am untersten Ende zu erkennen. Aus dem Zusammenhang gerissen lesbar ist noch sm3-wr, der "große Stier" und sh.f jm stj.., "Zelt...".

Damit sind wir zurück bei der Frage nach der Bedeutung der Reliefs aus der Pyramide Amenemhets I., die uns schon im Zusammenhang mit dem Aufweg beschäftigt hatte. Dafür kämen insgesamt sechs Bruchstücke mit zum Teil sehr interessanten Szenen, die den Namen des Cheops direkt tragen, ursprünglich aus dem Pyramidenkomplex des Cheops [ 25 ]. Wie bereits dort besprochen, ist das nicht sicher nachweisbar, aber falls doch, ist die Wahrscheinlichkeit, daß einige davon aus dem Pyramidentempel stammen, durchaus gegeben.

Anmerkungen

[ 1 ] Petrie, Pyramids, pp. 14f.
[ 2 ] MR IV, pp. 60-62.
[ 3 ] Arnold, Building, pp. 47f.
[ 4 ] MR IV, p. 62.
[ 5 ] ibd., pp. 62., Lauer, op.cit., p. 248.
[ 6 ] Lauer, op.cit., p. 248f.
[ 7 ] Stadelmann, Giza, S. 164.
[ 8 ] MR IV, p. 64, Lauer, op.cit., Pl. LXVIII.
[ 9 ] Lauer, op.cit., p. 252, Fig. 21.
[ 10 ] MR IV, p. 168, Obs. 48.
[ 11 ] Stadelmann, op.cit., S. 165.
[ 12 ] Junker, Baukunst; Stadelmann, Der strenge Stil.
[ 13 ] MR IV, p. 60.
[ 14 ] ibd., p. 162, Obs. 45.
[ 15 ] ibd., p. 60.
[ 16 ] ibd., p. 168, Obs. 49.
[ 17 ] Stadelmann, Pyramiden, S. 123.
[ 18 ] Stadelmann, Giza, S. 164; EAAP, p. 254, Cat.No. 57.; Hassan, Giza X, pp. 35f.
[ 19 ] Junker, Giza VI, S. 43.
[ 20 ] Hassan, op.cit., pp. 20ff.; Lauer, Notes complémentaire, 111-116, Pl. I-II.; Ricke, Bemerkungen AR II, S. 44-47.; Reisner & Smith, History II, p. 4, Fig. 5-6.
[ 21 ] Ricke, op.cit., S. 46.
[ 22 ] Lauer, op.cit., p. 113f.; Kaiser, Zum Hb Hd.t; ders., Zwei weitere Hb Hd.t-Belege.
[ 23 ] vgl. Rochholz, Sedfest.
[ 24 ] Lauer, op.cit., p. 114f.; Hassan, op.cit., S. 23f.
[ 25 ] Goedicke, op.cit., pp. 11-23.

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