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Die Grabplatte von Palenque

Die Bedeutung der Komposition

Teil IV: Ausblick und Fazit

Leider ist hier nicht der Platz, um auf die vielen weiteren Aspekte einzugehen, die über die kurze Beschreibung der letzten Seiten hinausgehen - es wäre allemal interessant genug! Die Platte von Palenque zeigt wesentliche Kernpunkte auf, die die Kultur der Maya überhaupt erst ausmachen. Trotzdem hat auch diese Besprechung eindeutig gezeigt, daß wir es bei der Platte um eine Darstellung eines bestimmten Auschnitts des sichtbaren Himmels handelt:

"When we put together the Creation images and texts of the Classic period with the myth of the Popol Vuh, the miracle of the entire story touched us to our deepest core. The great cosmic symbols of the ancient Maya are a map of the sky, but the sky itself is a great pageant that replays Creation in pattern of its yearly movements" [ 1 ].

Die Platte von Palenque ist ein herausragendes Beispiel für die kosmischen Ereignissse eines toten Königs in einer kosmologischen Kultur [ 2 ]. Und sie ist weiterhin ein ebenso herausragendes Beispiel für die enge Zusammengehörigkeit zwischen Königtum, Gesellschaft und Astronomie - in dieser Konzentration dürfte das kaum in einer anderen kosmologischen Kultur nocheinmal auftauchen [ 3 ]. Neben der ausgezeichneten Beobachtungsgabe und den ebenso bemerkenswerten Schlußfolgerungen, die schließlich in einen Kalender mit exakt vorhersehbaren Ereignissen am Himmel mündeten, ist es aber die direkte Schlußfolgerung himmlischer Ereignisse auf das irdische Geschehen, welche die Maya-Astronomie so ausdrücklich auszeichnet. Und auch dafür existiert das genialste Beispiel bei den Maya selbst, nämlich die Malereien von Bonampak [ 4 ]. Die Szene, in der die Gestirne des Himmels direkt in das irdische Geschehen eingreifen, ist nicht nur nach Ansicht von Linda Schele und David Freidel "eine der erstaunlichsten Schlachtszenen der Kunstgeschichte überhaupt" [ 5 ]. Für die Maya - und das zu wissen ist fundamental - ist es immer von höchster Bedeutung gewesen, welche Positionen die Himmelskörper zu welcher Zeit einnehmen. Die Positionen sind exakt definiert - wie auf der Platte! Ihr ganzes Leben hat sich an der Bewegung des Himmels orientiert.

Damit komme ich - eher widerwillig - zum Fazit und zurück zum Ausgangspunkt: Zeigt die Platte von Palenque ein außerirdisches Raumschiff? Ich konnte in der ganzen Untersuchung nicht ein einziges, selbst noch so kleines und unscheinbares Indiz finden, das eine, wie auch immer geartetet Schlußfolgerung zuließe, die auf ein Raumschiff deuten würde/könnte. Die ganze Szene ist absolut untechnisch und besteht durch und durch und ohne Ausnahme aus Symbolen, die die Maya für ihre Astronomie gebraucht haben. Damit ist es zunächst absolut unmöglich, von einer Darstellung in "rein technischer Manier" überhaupt nur zu sprechen. Zoomorphe Geschöpfe, offener Mäuler und starrende Augen sind kein Merkmal eines Raumschiffs. Keines dieser Symbole erscheint nur auf der Platte - sie alle sind regelmäßiger Bestandteil der Maya-Ikonographie und dort in Sinn und Zusammenhang eindeutig und seit langem bekannt. Bliebe also noch die Notlösung, nämlich daß die Symbole zur Nachstellung eines Raumschiffs entsprechend zusammengewürfelt wurden. Aber auch das ist nicht zu sehen, im Gegenteil! Die Darstellung auf der Platte macht genau so Sinn, wie sie ist. Und sie ist ja nicht allein, denn der Wacah Chan erscheint in solcher und ähnlicher Konfiguration recht häufig, und man hat in keinem Fall den Verdacht, man hätte es mit einer sinnlosen Darstellung zu tun, sondern - im Gegenteil - mit einer durchaus beeindruckenden Karte des Himmels. Die Überlieferungen betreffs seiner Funktion bei der Schöpfung sind eindeutig und passen nahtlos in die Darstellung. Und so kann ich nicht ein einziges Argument finden, daß auch nur den Verdacht aufkommen lassen könnte, man hätte es mit einem Raumschiff zu tun. Gleichzeitig aber kann man Stück für Stück und in allen erdenklichen Details die Aussage der Platte direkt in einen sinnvollen Zusammenhang bringen - nicht einmal nur auf dieser Platte, sondern immer dann, wenn die hier vorgestellten Symbole und Glyphen erscheinen. Damit ist die These des Raumschiffs von Palenque, eine These, die niemals auch nur ein einziges vernünftiges Argument vorweisen konnte, reinster Unfug und darüber hinaus eine schrille Beleidigung für jeden heute noch Kultur praktizierenden Maya.

Aber ich beschäftige mich schon zu lange mit PS, um nicht die Scheinargumentationen zu kennen, mit denen man selbst derart offensichtliche Tatsachen noch umschiffen möchte. Einmal klappt das natürlich prima, wenn man - wie Fiebag - schon vorab die Schuld bei den Wissenschaftlern und ihrem verkrusteten Weltbild sucht. Damit wird die Darstellung zwar auch nicht zum Raumschiff, aber wenn man genug derartiger Stimmungsbilder aufgebaut hat, merkt das niemand mehr. Besser klappt es noch, wenn man die Methode von Dänikens anwendet, indem man praktischerweise zwei Seiten einfügt, die alle wissenschaftlichen Deutungen möglichst unterhaltsam lächerlich machen [ 6 ]. Das bringt viel Spaß, aber null Inhalt und schon gar keine Ergebnisse. Daß von Däniken keine Barthaare sehen kann, obwohl sie ihm in Gestalt von Sak-Bak-Nakan schier ins Gesicht springen müßten, mag jemand anders zu erklären versuchen. Auch die Behauptung, er hätte 1984 - das Erscheinen seines Buches - keine vernünftige Erklärung erhalten können, ist einfach nur falsch. Statt uralte Literatur heranzuziehen, hätte es z.B. genügt die Übersetzungen Floyd Lounsburys heranzuziehen, die 1974! erschienen sind. Aber über die hätte man sich vielleicht nicht so sehr lustig machen können. Aber überhaupt sind Barthaare und Quetzalvögel sehr lustig, wenn man doch ein Raumschiff sieht. Und Monster und doppelköpfige Schlangen sind ebenso lustig. Es gibt immer eine Möglichkeit all das, was man nicht haben will, ins Lächerliche zu ziehen. Die so herrlich aufregende, weil hoch entwickelte und unglaublich geheimnisvolle Astronomie der Maya, besteht aus denselben Symbolen - zoomorph, monsterhaft und schier "unerklärlich". Hier will man nicht auf die Aussage dieser Symbole verzichten, da dieses Wissen ja - so Fiebag - außerirdisch sein könnte [ 7 ].

Literatur

[ 1 ] Schele, Freidel, Parker, op.cit., S. 112. Für weitere abschließende Bemerkungen und mögliche astronomische Datierungen aus der Darstellung vgl. ibd., S. 216f.; Milbrath, op.cit., S. 287, u. Pl. 10.
[ 2 ] Für ein anderes Beispiel aus der Mayakultur mit denselben inhatlichen Vorzeichen vgl. E.C. Krupp: Skywatchers, Shamans and Kings - Astronomy and the Archaeology of Power, New York, 1997, S. 26.
[ 3 ] vgl. allerdings das beachtliche Buch von William Sullivan: The Secret of the Incas - Myth, Astronomy, and the War Against Time. New York, 1996.
[ 4 ] Mary Ellen Miller: The Murals of Bonampak. Princeton, 1986, bes. S. 48-51; 95-130; Pl. 2.
[ 5 ] Schele & Freidel, op.cit., S. 530, n. 45.
[ 6 ] so geschehen in seinem Buch "Der Tag an dem die Götter kamen", S. 294ff.
[ 7 ] Fiebag, op.cit., S. 107.

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