Die Große Pyramide

des Königs Cheops in Giza

Die Bootsgruben II

Boot # 2

Rekonstruiertes Boot im Museum an der Südseite der Cheopspyramide.

#2 - Das Boot

Das Boot des Königs Cheops aus der Grube #2 gehört zweifelsfrei zu den bedeutensten Funden, die in Ägypten jemals gemacht wurden. Obwohl eine ganze Reihe von Bootsgruben - auch im Alten Reich - gefunden werden konnten und zahlreiche Abhandlungen über Sinn und Zweck verfaßt sind, besteht mangels aussagekräftiger Quellen bis heute keine Einigkeit darüber, welche Rolle sie tatsächlich spielten [ 1 ]. Die Ansichten tendieren generell in zwei Hauptrichtungen. Einmal denkt man sie sich rein symbolisch, als Funktionsträger im Pyramidenbezirk, z.B. also als Boote, mit denen der verstorbene König in den Himmel auffahren soll [ 2 ]. Andere Ansichten sehen speziell in diesem Boot einfach ein tatsächlich vom König verwendetes Boot - entweder für übliche königliche Fahrten, oder aber es ist genau das Boot, mit dem Cheops' Leichnam - vorzugsweise von Djedefre - über den Nil zum Begräbnis gebracht wurde.

Wie schwer eine Bestimmung des Bootes fällt, kann man schon daran ersehen, daß - trotz des hervorragenden Zustandes - nicht einmal sicher geklärt werden kann, ob das Boot benutzt wurde, oder ob es an Ort und Stelle erst hergestellt wurde. Die Restauratoren meinen eindeutige Hinweise auf Gebrauchsspuren entdeckt zu haben, die in den auf dem Holz sichtbaren Spuren stramm angezogener Taue bestehen, welche die nötige Wasserdichte sicherstellen sollten [ 3 ]. Als Argument wird weiterhin angeführt, daß die Landungsbrücke Spuren von Benutzung aufweist [ 4 ]. Dagegen wurde vorgebracht, daß am Bot selbst die Reste weißer Farbe gefunden wurde, und daß es keine einzige Markierung für den Wasserstand gibt [ 5 ]. Zaki Iskander, der selbst an der Bergung des Bootes mitgewirkt hat, will zudem Reste von Zedern- und Akazienholz unmittelbar an der Grube und im Nilschlamm der Abdeckung gefunden haben, die seiner Meinung nach nur von der Herstellung des Bootes selbst stammen können. Daß das Boot in aller Eile hergestellt wurde, könnte zudem aus dem völligen Fehlen jeglicher Dekoration hervorgehen [ 6 ]. Eine Nutzung des Bootes im Wasser - wenigstens in größerem Umfang - hätte sich an der Beplankung sichtbar niederschlagen müssen. Andererseits war das Boot ursprünglich sicher zusammengebaut. Wenn es nie gefahren ist, würde das bedeuten, daß man es zusammengebaut hat, um es gleich anschließend wieder auseinanderzunehmen. Noch weiter erschwert wird die Deutung durch unterschiedliche Arten von Bootsgruben, die wiederum unterschiedliche Bedeutung haben könnten.

Modell der Barke im Bootsmusem.

Das Boot wurde in der Grube in alle Einzelteile zerlegt vorgefunden. Nach der meisterhaften Zusammenfügung und Restauration des Bootes wurde es im Bootsmuseum an der Südseite der Cheopspyramide im extra dafür geschaffenen Museum ausgestellt, das 1982 eröffnet wurde. So sehr das Museum auch das Plateau verunstaltet, es ist die ideale Umgebung. Auf zwei Etagen kann das fertige Boot praktisch von allen Seiten besichtigt werden. Im Museum befinden sich zudem hervorragende Modell in verschiedenen Maßstäben. Trotz aller Vorkehrungen führen die veränderten Umgebungsbedingungen jedoch dazu, daß das Boot schon wenige Jahre nach der Eröffnung des Museums um 0,5 m geschrumpft ist [ 7 ].

Die 1224 Einzelteile des Boots wurden in 13 geordneten Lagen in der Bootsgrube aufbewahrt [ 8 ]. Die Teile lagen dabei so in der Grube, daß der Bug nach Westen, und das Heck nach osten weist. Falls also eine symbolische Deutung in Frage käme, würde das Schiff treffend nach Westen reisen. Das größte Stück war 23 m lang, das kleinste 10 cm. Der größte Teil des Boots besteht aus Zedernholz, das aus dem Libanon importiert wurde [ 9 ]. Die inneren Teile bestehen überwiegend aus lokalen Hölzern, so die Deckbalken und die Kabine, z.B. aus Sykomore (Bergahorn) [ 10 ]. Zusammengefügt ergeben sich für das Boot folgende Maße:

  • Max. Länge: 42,32 m
  • Max. Breite: 5,66 m
  • Max. Tiefe von Deck bis Rumpf Unterkante: 1,78 m
  • Max. Höhe (am Heck) von der Basislinie: 7,50 m
  • Max. Tiefgang: 1,48 m
  • Verdrängung: ca. 50 Tonnen
  • Max. Zuladung: ca. 100 Tonnen

Das große Deckhaus ist 9,10 m lang und 2,50 m hoch [ 11 ]. Im Innern ist es in zwei Räume unterteilt. Der Eingang in das Deckhaus und der Durchgang vom Vorraum zum "Salon" sind jeweils mit einer Doppelflügeltür ausgestattet. Aus dem Salon führt eine einfache Tür zum Heck. Die Decke des Hauses wird durch palmförmige Holzsäulen getragen. Die Außenseite der Kabine wurde mit Matten behängt. Vor dem Deckhaus erstreckt sich ein langer Aufbau, der zur Aufnahme der fünf Ruderpaare dient. Alle Ruder, auch die beiden Steuerruder, wurden aus einem einzigen Baumstamm gefertigt. Das Längste mißt 8,35 m, das kürzeste 6,58. Vor dem Ruderaufbau sitzt ein kleiner Unterstand - 2,20 m lang und 1,78 m hoch. Zum Anlegen dient eine feste 1,84 x 2,08 m große Plattform.

Der Rumpf besteht aus 40 Holzplanken, die zwischen 7 und 23 m lang sind [ 12 ]. Die Planken werden allein durch Seile zusammengehalten, und zwar so, daß diese durch entsprechend vorgegebene Löcher gezogen werden mußten, deren unregelmäßige Verteilung den Ausschlag dafür gab, wie die Planken zusammengehörten. Die letzte Reihe der seitlichen Planken nahm jeweils die Querbalken des Decks auf. Das Skelett des Rumpfs ist verzapft, die Anlagen der Aufbauten allein mit Seilen zusammengehalten. Wie bei einem modernen Bausatz brachten auch die Bootsbauer Marken zum schnellen Zusammenbau des Bootes an den Planken an [ 13 ]. Zu diesem Zweck wurde das Boot in vier Sektionen eingeteilt. Jedes Einzelteil trägt diese Hieroglyphe und zusätzlich eine weitere, die sich auf dem angrenzenden Teil wiederholte [ 14 ]. Der vollständige Zusammenbau dieses Bootes dauerte rund 10 Jahre.

Anmerkungen

[ 1 ] Ausführliche Zusammenfassung der Diskussion bei Hawass, Funerary Establishment, S. 64-85.
[ 2 ] Eine Besprechung der Funktion aller Bootsgruben bis zum Ende des Alten Reiches erfolgt später gesondert in den Exkursen.
[ 3 ] Abubakr et.al., S. 15.
[ 4 ] vgl. Hawass, op.cit., p. 75f.
[ 5 ] ibd.
[ 6 ] Landstrom, nach Hawass, op.cit., S. 76.
[ 7 ] El-Baz, Giza, Khufu Pyramid Sun Barks, p. 350.
[ 8 ] die folgende Beschreibung der Barke nach Abubakr, pp. 2-12.
[ 9 ] Eine Zusammenfassung der Materialanalysen bei Lucas & Harris, Ancient Egyptian Materials, p. 498f.
[ 10 ] Für das Vorkommen, die Verwendung und Besorgung von Holz im Alten Ägypten vgl. Schoske, et.al., Anch, S. 251-261; Nicholson & Shaw, Ancient Egyptian Materials and Technology, pp. 334-371.
[ 11 ] Abubakr et.al., op.cit., p.3.
[ 12 ] ibd., p. 4ff.
[ 13 ] ibd., p. 12.
[ 14 ] ibd. Pls. 8-9.

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